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Offener Brief des Vereins der Familien Union e.V. an die Polizeipräsidentin der Stadt Essen

        Posted Date :04.Marz.2015        

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Kontakt: info@familien-union.net

 

Sehr geehrte Frau Polizeipräsidentin,

zunächst möchten wir Ihnen und der Essener Polizei für die wertvolle Arbeit der letzten Jahre herzlich danken.

Bei einer außerordentlichen Sitzung des Vereins der Familien Union e.V. wurden die Ereignisse der letzten Wochen in Essen thematisiert.

Mit Sorge blickt unser Verein auf die jüngsten Konflikte in Altendorf sowie in der Innenstadt, bei denen Polizeibeamte dem Widerstand einiger Personen ausgesetzt waren. Wir bedauern diese Vorfälle zutiefst und möchten uns von jeglichen gewaltsamen Handlungen gegenüber Beamten distanzieren. Mit diesem an Sie gerichteten Brief möchten wir unsere Solidarität mit der Essener Polizei ausdrücken.

Dieses gewaltsame Verhalten gegenüber Beamten ist inakzeptabel und von niemandem hinnehmbar. Wir als libanesisch-stämmige Essener wollen nicht wortlos zusehen, wie der Ruf einer inzwischen großen Gemeinde bestehend aus einigen tausend Personen mit libanesischem Migrationshintergrund zerstört wird. Die Stadt Essen steht mit ihren unterschiedlichen kulturellen Einrichtungen und den vielfältigen Lebensarten für einen Ort des Miteinanders. In dieser vielfältigen Gemeinschaft ist die Arbeit der Polizei in unserer Stadt immens wichtig und eine Voraussetzung für ein friedliches Miteinander.

Der Verein der Familien Union e.V. wurde am 01.12.2008 in Essen gegründet.

Ziel des Vereines ist es, den sozialen Frieden zwischen Deutschen und Libanesen zu pflegen und gleichzeitig die Lebens-, Bildungs- und Ausbildungssituation libanesischer Jugendlicher zu verbessern.

Der Verein ruft zur Verständigung und Zusammenarbeit zwischen allen in Essen lebenden Menschen auf. Er unterstützt die Familien in allen Fragen, die das Bleiberecht und den Aufenthaltsstatus betreffen.
Da Bildung ein zentraler Punkt für Integration und soziales Wohlverhalten ist, unterstützt der Verein zudem die Behörden bei ihren Bemühungen, die Bildungsbereitschaft der Jugendlichen zu erhöhen und bessere Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu erlangen. Hierbei werden die Eltern stark eingebunden und an ihre Pflicht erinnert, ihre Kinder auf dem Bildungsweg zu begleiten.

Wir unterstützen auch die Arbeitssuchenden und Langzeitarbeitslosen bei ihren Bemühungen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Die Vereinsmitglieder unterstützen die Familien und Behörden dabei, Konflikte friedlich zu lösen sowie Eskalationen zu verhindern. Gerade bei Konflikten zwischen großen Gruppen und Familien hat sich unsere Arbeit bewährt.

Außerdem sind wir auch in der Kriminalitätsprävention aktiv. Als erste präventive Maßnahme gegen kriminelle Handlungen wurde seinerzeit eine Pfadfindergruppe gebildet, mit dem Ziel, anderen Jugendlichen ein Vorbild zu sein und eine hilfsbereite Einstellung zu vermitteln.

Des Weiteren ist der Verein auch im Bereich Sport und Freizeitgestaltung aktiv. Durch ein vergrößertes Sportangebot sollen Jugendliche von der Straße geholt und sinnvoll beschäftigt werden. Aus diesem Grund werden junge Mitglieder des Vereins zu Jugendleitern ausgebildet.

Außerdem bieten wir allen Netzwerkpartnern, zuständigen Behörden und politischen Parteien unsere Unterstützung an, an der Lösung bekannter Problematiken mitzuwirken.

Bedauerlicherweise haben wir als Verein in der Vergangenheit mehrfach erfahren müssen, dass die Polizei sowohl massiver Respektlosigkeit als auch gewaltsamen Übergriffen durch diverse Personengruppen ausgesetzt war. Ein solches gewalttätiges Verhalten im öffentlichen Raum wird nicht akzeptiert und hat in unserer Stadt keinen Platz.

Die jüngsten Auseinandersetzungen in Essen sind auf diverse Ursachen zurückzuführen. Eine offenkundige Ursache ist die aufenthaltsrechtliche Situation einiger Personen. Bei den Beteiligten handelt es sich größtenteils um Personen mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus bzw. einer Duldung. Die hiesige Politik und die Ausländerbehörde Essen wurden in der Vergangenheit mehrfach auf die Missstände in Bezug auf die aufenthaltsrechtliche Situation vieler Migranten, insbesondere von in Deutschland geborenen Jugendlichen hingewiesen, jedoch hat sich an der Situation bisher leider nichts geändert. Einige Personen leben seit über 30 Jahren in Essen und sind immer noch im Besitz einer Duldung. Diese Personengruppe muss jederzeit mit der Abschiebung in die Heimat rechnen. Da wir als Schnittstelle zwischen diesen Personen und einigen Institutionen fungieren, wissen wir, dass die geduldeten Personen über eine ungerechte Behandlung durch die Behörden klagen. Zudem herrscht bei diesen Personen ein hohes Maß an Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit. Es ist unstreitig, dass der Status der Duldung die betroffenen Personen an der Integration in die Gesellschaft hindert.

Sie fühlen sich ausgeschlossen und haben keine Möglichkeit, am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Selbstverständliche Dinge wie eine Berufsausbildung, der Erwerb eines Führerscheins oder die Aufnahme einer Beschäftigung bleiben den Betroffenen verwehrt.

Gerade Jugendliche und Heranwachsende mit einer Duldung unterliegen stets der Gefahr, in die Kriminalität abzugleiten. Auf Grund ihrer perspektivlosen Lage und der nicht vorhandenen Chancengleichheit suchen die betroffenen jungen Menschen nach einem Ausgleich. In den kriminellen Milieus finden die Betroffenen die Akzeptanz und Anerkennung, die sie in der Gesellschaft sonst nicht erfahren. Zugleich neigen sie auch dazu, bereits kleinere Konflikte auf aggressive Weise zu lösen.

Da wir ständigen Kontakt zu den betroffenen Personen pflegen und die Gründe für deren Verhalten kennen, appelliert unser Verein seit Jahren an die hiesigen Behörden, die individuelle aufenthaltsrechtliche Situation jeder geduldeten Person zu prüfen, um den Menschen eine Möglichkeit zur Integration in die Gesellschaft zu bieten. Generell benötigt unser Verein bei seiner Arbeit mehr Unterstützung von der Stadtverwaltung.

Frau Fischer-Weinsziehr, gerne würden wir mit Ihnen über die Konflikte der jüngsten Vergangenheit und deren Ursachen sprechen.

Wir laden Sie recht herzlich ein, unseren Verein zu besuchen und uns näher kennenzulernen.

Über ihre Zusage zu einem Gespräch mit unserem Vorstand würden wir uns sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Vorstand der Familien Union e.V.

 


Verein der Familien Union e.V.

جمعية اتحاد العائلات